Ein akuter Tinnitus besteht nicht länger als drei Monate und die medikamentöse Therapie ist Methode der Wahl. Bestehen die Ohrgeräusche länger als drei Monate, ist sie ohne Erfolg. Eine Heilung ist nach drei Monaten unwahrscheinlich.
Der Begriff Tinnitus leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet „Klingeln im Ohr“. In der Medizin fassen wir alle Geräusche im Kopf mit dem Begriff.
Tinnitus und Hörsturz treten gemeinsam auf wie Bruder und Schwester oder Seiten einer Münze. Gestörte Nervenzellen und eine verminderte die Durchblutung sind die Ursachen.
Tinnitus | Dauer | Arzneien | Heilung |
Ohrgeräusche | bis 48 Stunden | nicht erforderlich | spontan |
akuter T. | bis 3 Monate | Kortison | 70% erfolgreich |
chronischer T. | ab 3 Monate | keine | keine |
Das Vorurteil, dass der Tinnitus reiche und verwöhnte Menschen der Neuzeit befällt, ist nicht richtig. Im frühen Indien, Ägypten und Antike beschreiben Schrift das Leiden der Betroffenen. Die Menschen glaubten an eine göttliche Auszeichnung oder eine Strafe des Teufels. Männer und Frauen nehmen ihre Ohrgeräusche unterschiedlich wahr, wie Studie der Charité Berlin. Der Tinnitus stresst männliche Versuchspersonen weniger.
Ötzi und Tinnitus
Unser Ohr ist ein Sinnesorgan, das Austausch mit anderen Menschen ermöglicht, dem Genuss dient und vor Gefahren warnt. Die aufgenommene Schallreize leitet es über den Hörnerven an das Gehirn in das Hörzentrum. Hier wird der Schall verarbeitet und in einen Sinneseindruck umgewandelt.
Das Ohr nimmt Sinnesreize auf wie bei unseren durch das Neandertal streifenden Vorfahren. Zwischen ihnen und uns gibt es einen Unterschied. Vor 50.000 Jahren bedeutet ein Geräusch Lebensgefahr.
Verursacht ein im Gebüsch sitzender Säbelzahntiger das Knacken? Oder Stämme aus der Nachbarschaft? Oder ist es das Abendessen? Ein Reh, das durch das Untergehölz läuft? Zum eigenen Schutz aktiviert der Körper in Millisekunden das Kampf- und Fluchtsystem. Er stellt Alarmbereitschaft her. Eine Abwehr- oder Angriffsreaktion ist möglich, wenn es die Situation erfordert. Im Blut schießen die Stresshormone in die Höhe. Das sichert das Überleben.
In der heutigen Zeit überflutet die Umwelt uns mit akustischen und optischen Reizen. Laute Kaufhäuser, die Musik im Auto und Gruppen von Menschen führen zu einem dauernden Stress im Ohr. Und das im Sekundentakt. Die Kulisse an Geräuschen entwickelt sich zum Leiden. Ein Teufelskreis entsteht.
Ist ein Ohrgeräusch ein Notfall?
Studien zeigen, dass dreißig Prozent der Erwachsenen ein- oder mehrmals im Leben Ohrgeräusch hören. Das Geräusch bildet sich in 48 Stunden zurück und erfordert keine Therapie. Es besteht keine Grund zur Sorge!
Erst wenn ein Ohrgeräusch länger als 48 Stunden bestehen bleibt sprechen wir von einem Tinnitus. Nach 48 Stunden ist er Dringlichkeitsfall. Eine Therapie erfolgt.
Volkskrankheit Tinnitus?
Der Tinnitus betrifft alle Bevölkerungsschichten. 16 Millionen Bundesbürger haben ein Ohrgeräusch, davon leiden 10 % der Betroffenen, besonders das weibliche Geschlecht. Sie sind um 40 % häufiger betroffen als Männer.
Auch die Großen der Welt leiden: Keanu Reeves, Barbara Streisand und Eric Clapton, um nur einige von ihnen zu nennen.
Beethoven konnte sein Alter wegen eines Tinnitus, einer Hörminderung und einer Überempfindlichkeit gegen Schall nicht genießen. „Die Ohren, die sausen und brausen Tag und Nacht fort. Ich kann sagen, ich bringe mein Leben Elend zu“.
Wie klingt ein Tinnitus?
Eines vorweg: Unabhängig von der Qualität des Klangs ist jedes Geräusch in den Ohren oder im Kopf ein Tinnitus- wenn es länger als 48 Stunden besteht. Jeder Betroffene erlebt seinen Tinnitus individuell. Die Patienten beschreiben die Geräusche als
Summen, Brummen oder Rauschen
wie ein Kühlschrank
ein parkender Lkw
ein startendes Flugzeug.
Welche Krankheiten lösen Ohrgeräusche aus?
Die Ursache für Tinnitus liegt nicht immer im Ohr. Die Wissenschaft kennt Hunderte von auslösenden und verstärkenden Ursachen. Neben Lärm, Hörsturz und Stress sind es
Angst
Burn-out
Morbus Meniere
Beschwerden im Kiefergelenk (Zähneknirschen, Arthrose)
degenerativ veränderte Halswirbelsäule
Internistische Leiden (Diabetes mellitus, Krankheiten des Herzens, der Niere oder der Leber)
niedriger oder hoher Blutdruck
Arzneien, die Tinnitus auslösen und eine mögliche Ursache sind:
Schmerzmittel (Aspirin)
Antidepressiva
Medikamente der Krebstherapie (Chemotherapie)
blutdrucksenkende Medikamente (Beta Blocker, ACE Hemmer)
Drogen (Kokain, Heroin und Marihuana)
wassertreibende Arzneien
Sollte der Verdacht bestehen, dass der Tinnitus mit einem Arzneimittel zusammenhängt, darf es nicht abgesetzt werden. Einfach den Arzt fragen!
Welche Diagnostik ist erforderlich?
Bei allen Ohrgeräuschen ist der HNO-Arzt die erste Anlaufadresse. Die Befragung durch ihn der wichtigste Baustein auf dem Weg zu einer Diagnose.
Charakter des Geräuschs?
Ort?
Stress?
Wie hört sich der Tinnitus an?
Auslöser? Medikamente?
Schlechtes Hören, ein- oder doppelseitig?
Schwindel?
Weitere Erkrankungen?
Er untersucht das Ohr mit dem Mikroskop und schaut, ob es durch Ohrenschmalz verstopft ist oder durch Flüssigkeit hinter dem Trommelfell.
Er macht Hörtests und bestimmt den Tinnitus. In Einzelfällen erfolgt eine Analyse des Kiefergelenks durch den Zahnarzt oder eine radiologische Untersuchung mittels der Magnetresonanztomografie.
Ein Check der Halswirbelsäule durch einen Orthopäden ist angezeigt.
Welche Therapie ist sinnvoll?
Ein akut auftretendes Ohrgeräusch ist in den ersten 48 Stunden kein Grund zur Sorge. Das oberste Gebot heißt Ruhe bewahren! Eine spontane Heilung ist wahrscheinlich!
Eine medikamentöse Behandlung nicht erforderlich! Von dieser Regel muss abgewichen werden, wenn der Tinnitus
mit einem Hörverlust,
Schwindel oder
neurologischen Ausfällen (Störung des Gehens, Sprechens, Schluckens) auftritt. In diesen Fällen ist unverzüglich ein HNO-Arzt aufzusuchen!
Akute Ohrgeräusche werden nach 48 wie ein Hörsturz behandelt. Die Behandlung ist sinnvoll und in vielen Fällen erfolgreich:
Stufe: 48 Stunden abwarten
Stufe: Hoch dosiert Kortison als Tablette oder Infusion
Stufe: Bleibt der Erfolg aus, erfolgt die intratympanale Kortisonbehandlung. Der Arzt spritzt das Kortison in das betäubte Ohr. Sechs Injektionen erfolgen in einem Abstand von 2 bis 3 Tagen.
Die Therapien sind nicht wirksam und damit auch nicht zu empfehlen. In Studien zeigten sie keine Wirkung oder viele und gefährliche unerwünschte Wirkungen.
Druckkammer-Behandlung (HBO oder hyperbare Oxygenierung),
die Infusionen mit HAES (Hydroxyäthylstärke) und
Pentoxifyllin
Resümee:
Beim akuten Tinnitus werden hunderte von Therapien angeboten. Eine wissenschaftlich eindeutig wirksame existiert nicht. Alle Behandlungen sind umstritten. Die gute Nachricht: Es mehren sich die Hinweise, dass mit dem Kortison eine hilfreiche Arznei zur Verfügung steht!
Eine Klinik, ein Arzt oder ein Heilpraktiker, die 100% Heilung versprechen, lügen! Sie wollen nur Dein Geld! Ein seriöser Therapeut verspricht keine 100% Erfolgschancen!
Wie gehst Du bei einem akuten Tinnitus vor?
bei einem akuten Ohrgeräusch kannst Du bis zu 48 Stunden abwarten.
Ausnahme: Hörverlust, Schwindel oder neurologische Beschwerden.
In diesen Fällen erfolgt eine sofortige Vorstellung beim HNO-Arzt!
Nach Ablauf von 48 Stunden: HNO-Arzt aufsuchen.
Therapie: Hoch dosiert Kortison, intratympanale Kortisontherapie.
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