Der Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wie deine Angst entsteht und wie du es schaffst, sie zu verlieren. Sie hat nichts mit dem Beruf, der sozialen Stellung, Geld oder Ansehen zu tun. So erkrankte der ehemalige Leadsänger der deutschen Band Jupiter Jones an einer Angststörung, die seine Karriere vorerst beendet.
Seine Erfolge und Goldenen Schallplatten konnten Nicolas Müller nicht helfen. Es bedeutet einen Einschnitt in seiner Karriere, Rückzug aus der Band und der Öffentlichkeit und Einbruch des Selbstwertgefühls. Die Beziehung zu seiner Frau litt, Freunde brechen den Kontakt ab. Sie können dem Druck der Angst nicht standhalten.
Die Hand der Angst überwältigt uns, wir können sie nicht wegdrücken oder aussitzen. Sie schnürt uns die Kehle zu, raubt uns die Atemluft und lässt uns Schauer über den Rücken laufen. Sie fängt uns ohne Erbarmen oder Rücksicht, gerade so wie wir in einem nass-kaltem Grab gefangen sind.
Die Sinne schwinden, das Herz rast, die Glieder schwer wie Blei. Ein Fortrennen ist unmöglich. Wie ein kalter, eisiger Wind folgt sie uns und ist einen Schritt schneller.
Ein Unterschied: Angst und Furcht
Das Angstgefühl ist Bedrohung, Gefahr und Beklemmung im Körper und der Seele - ohne konkreten Grund. Das Unbestimmte bedroht mich, versetzt mich in Schrecken und erdrückt. Ich gebe dieses Gefühl nicht auf, obwohl ich weiß, dass es in meiner Fantasie besteht. Es erfasst alle meine Sinne. Ich kämpfe und verliere. Ich fühle mich bitterlich einsam, von allen verlassen. Meine Familie und Freunde helfen gerade so gut sie es vermögen. Sie erklären mir die Grundlosigkeit meiner Angstgefühle. Das macht es nicht besser! Ich meide die mit Angst besetzten Situationen. Das macht mich einsam. Und jede Stunde die „Angst vor der Angst“.
Wie beneide ich die Menschen, die Furcht haben. Sie wissen, wovor sie sich fürchten. Der Mann im dunklen Parkhaus, der bissige Hund des Nachbarn, die Gruppe von Betrunkenen oder die Raser auf der Autobahn. Und bei ihrer Ankunft zu Hause ist die Furcht weg, hat sie aus ihren Klauen gelassen. Und sie genießen das Abendbrot.
Angst- die Strategie zum Überleben
Die Angst ist ein Schutzmechanismus, ohne die wir uns nicht hätten entwickelt. Kein Mensch ist angstfrei! Der Theologe Sören Kierkegaard sagt: "Die Angst ein Wesensmerkmal des menschlichen Lebens und Denkens ist. Und Erich Kästner formuliert, dass „wenn einer keine Angst hat, hat er keine Fantasie.“
In der Steinzeit meidet der Mensch gefährliche Situationen. Er geht ihnen aus dem Weg: nächtliche Spaziergänge, das sorglose Schlendern durch den Wald oder der voreilige Kontakt zu anderen Gruppen. Er vertraut seinen Beklemmungen und nutzt sie wie einen 7. Sinn.
Sie beschützt, warnt und bereitet auf gefährliche Situationen vor. Flucht vor der Gefahr oder ein Kampf. Ihm bleibt die Freiheit der Entscheidung!
Der Neandertaler braucht seine Angstgefühle. Angstfrei endet er schnell im Magen eines nach Beute suchenden Tigers oder ein feindlicher Krieger erschlägt ihn.
Am Feuer zu sitzen und voller Angst zu sein, ist für unsere Vorfahren keine Alternative. Die Jagd nach dem Mammut, die Suche nach Lebensmittel und der Handel mit anderen Stämmen sind gefahrvoll. Sie sind für ihn aber zum Überleben notwendig. Ohne Handel und den täglichen Überlebenskampf stirbt sein Stamm am Hungertod.
"Nichts ist schrecklicher als die Angst selbst"
Der Philosoph Francis Bacon hat schon vor über 400 Jahren das Wesen der Angst beschrieben. Angsterkrankungen zeigen einen bunten Strauß von Beschwerden. Kommen noch eine Depression oder eine Sucht hinzu, nimmt die Vielfalt der Beschwerden zu. Die wichtigsten Beschwerden sind:
Herzklopfen oder schneller Herzschlag
Mundtrockenheit
starkes Schwitzen oder Schweißausbrüche
Händezittern
Hierzu kommen
Atemnot und Luftnot
angstbesetzte Gefühle und Empfindungen in der Brust und im Bauch
Schwindel
Kontrollverlust
Angst zu sterben
Ruhelosigkeit
Weitere wichtige Beschwerden findet ihr im Angstfragebogen.
Der Ruf der Ängste
Der Begriff Angststörung umfasst im wesentlichen vier Gruppen von Erkrankungen. Das Leitsymptom ist bei allen die oben beschriebenen Angstsymptome. Das Ausmaß der Beschwerden und der zeitliche Verlauf variieren.
Phobie: Es gibt einen Auslöser. Der hohe Turm, der Fahrstuhl, der freie Platz oder die gruselig anzusehende Spinne. Der auslösende Reiz steht in keinem Zusammenhang mit der Reaktion. Sie tritt anfallsartig auf und dauert von 30 Minuten bis zu 2 Stunden. Die Betroffenen erleben heftige Beschwerden, verbunden mit einer Todesangst.
Generalisierte Angststörung: Sie ist eine unbegründete Angst vor allem. Die Symptome treten mit unterschiedlicher Ausprägung auf und haben keine offensichtlichen Auslöser.
Panikstörung: Wiederkehrende schwerste Anfälle. Sie werden nicht durch Anlässe getriggert.
Soziale Angststörung: Die Betroffenen wünschen sich Beziehungen zu den Mitmenschen. Gleichzeitig sind sie unerträglich. Einen Vortrag halten, eine Party oder ein Fußballspiel zu besuchen ist für sie eine nicht lösbare Herausforderung. Sie verursacht heftigste Beschwerden. Er meidet sie.
Angst - das passiert im Körper
Die Angstreaktion besteht aus explosivem Gemisch elektrischer Nervenimpulse, der Ausschüttung von Hormonen gekoppelt mit massiven Emotionen, die sich gegenseitig bedingen und verstärken. Im Mittelpunkt stehen die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin. Die Flucht- oder Kampfsituation ist hergestellt:
Energiereserven für die Muskulatur
Umverteilung des Blutflusses. Es fließt vermehrt in die Lunge, das Herz und die Muskeln.
das Herz schlägt ökonomischer
die Hormone hemmen die Verdauung
Ready-steady-go - die Freude an der Angst
Angst hat eine schöne und genussvolle Seite. Kinder spielen Monster und flößen sich gegenseitig Furcht ein. Oder Halloween, wo die umherirrenden Toten die Lebenden erschrecken. Wie herrlich sind die Rollen, in die wir schlüpfen. Und wie groß ist die Freude! Wir suchen das Gruseln und bezahlen.
Wie herrlich ist Bungee-Jumping für viele Zeitgenossen. Sprünge aus 100 bis 200 m Höhe in die Tiefe. Die Europabrücke oder noch höher aus einem Hubschrauber.
Wie wäre es mit der längsten und steilsten Achterbahn? Mit 240 km/ h durch das Stahlgestell mit Loopings und Vollbremsung ans Ziel.
Warum ist diese Art prickelnd, belebend und spannend? Warum suchen wir die Gefahr? Bei extremen Belastungen wird viel Adrenalin ausgeschüttet. Wir empfinden es als angenehm. Die Gefahr schaudert. Sie gibt einen Kick, d. h. einen Rausch der Gefühle. Das Adrenalin und die Gefühle können süchtig machen. Neuere, gefährlichere Herausforderungen müssen her. Die Gewissheit der technischen Sicherheit, die Ingenieurskunst hinter dem Bauwerk machen uns glauben, dass es gut ausgeht. Und das Urvertrauen und die Technik führt zu einem ekstatischen Genuss im Adrenalinrausch.
Chronische Angst - die einsame Krankheit
Ein Dauerzustand der Angst macht einsam. Sozialer Rückzug, Unverständnis bei der Frau, der Familie und den Freunden. "Warum kannst Du nicht über den Platz gehen?" "Schon wieder hast Du unseren Kinobesuch 5 Minuten vorher abgesagt. Auf Dich kann ich mich nicht verlassen". Und die Kollegen, die darüber spötteln, dass ich ins Büro nicht den Aufzug benutze. "Ah, da kommt unser Gesundheitsapostel". Die harmlosen Aussagen treffen, wenn sie jeden Tag gehört werden, immer und immer wieder.
Die Stresshormone steigen. Bedrohliche Erkrankungen folgen auf dem Fuß.
Schlafstörungen mit Albträumen
Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
Durchfall und Verstopfung oder im Wechsel beides.
Schmerzen
Herzerkrankungen
Chronische Erkrankungen verstärken den unheilvollen Teufelskreis, der die Patienten fesselt und aus dem sie sich nicht lösen. Fehlgedeutet körperliche und psychische Beschwerden führen zu einer Irritation.
Wie entsteht eine Angststörung?
Sie kann durch ein einmaliges, massives Erlebnis entstehen. Ich werde im dunklen Parkhaus überfallen, ein schwerer Autounfall oder eine Vergewaltigung. Häufig ist sie ein multifaktorielles Geschehen. Mehrere ungünstige innere und äußere Faktoren verbinden sich zu einem Geflecht. Emotionen, Gefühlen und körperliche Reaktionen bilden ein Wirrwarr.
Innere Faktoren
genetisch: Bei einer Erkrankung der Eltern steigt das Risiko, dass das Kind eine Störung entwickelt.
10 % der Männer und 20 % der Frauen haben eine Angststörung
biologisch: das Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn ist gestört
Äußere Lebensereignisse
Kritische und gefährliche Situationen, z. B. Erlebnisse im Krieg (Gräueltaten in Butscha/ Ukraine)
Tod eines geliebten Menschen und Verlust des Arbeitsplatzes
Stress in Beruf und Familie
organische Erkrankungen: Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse
sexueller Missbrauch
Wie viel Angst ist normal - wann soll ich Hilfe suchen?
Jeder kennt das Gefühl der Angst. Unwohlsein auf einem hohen Turm, hoffentlich stürzt mein Flieger nicht ab und wo bleibt meine Frau, es ist so spät. Das ist vertraut und gesund. Krankhaft sind bedrohliche, zerfressende Gedanken. Sie schnüren den Würgegriff enger. Angst ist immer krankhaft, wenn sie
zu einem Verlust an Lebensqualität führt
ein Verlassen eigenen Räume unmöglich macht
eine Depression auslöst
Selbstmordgedanken erzeugt
zu Missbrauch von Drogen, Alkohol, Benzodiazepinen führt
die Partnerschaft und den Freundeskreis belastet
die Ausübung des Berufs erschwert oder unmöglich macht.
Für viele Betroffene ist es kein einfacher Schritt Hilfe zu fordern. Hilfsangebote sind reichlich vorhanden. Nutze sie! Ob deine Angst Ausdruck einer krankhaften Angst ist, muss von Deinem Arzt oder Psychotherapeuten geklärt werden. Sie sind der Fachmann für die Angststörungen.
Keine Angst vor der Diagnose
Für die Behandlung der Angststörungen gibt es wirkungsvolle Therapien. Zur Absicherung der müssen 2 Schritte erfolgen:
Schritt: der Hausarzt schließt eine organische Erkrankung aus.
Schritt: ein Arzt oder Psychotherapeut stellen die Diagnose.
Ein längeres therapeutisches Gespräch und Angstfragebogen sind erforderlich.
Raus aus der Angst
Jeder 8. Bundesbürger leidet unter einer Angststörung. Es ist damit eine häufige Erkrankung. Wirkungsvolle Therapien stehen zur Verfügung. Die Verfahren sind in ihrer Wirkung gleichwertig. In schweren Krankheitsverläufen ist eine Kombination sinnvoll:
Psychotherapie: Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie TP ist ein sehr wirkungsvolles Verfahren. Das Fundament "Angst" entsteht in der Kindheit. Durch die TP werden solche Ängste bearbeitet und aufgehoben. Auch die Verhaltenstherapie wirkt.
Antidepressiva: Die Plätze für Psychotherapie sind begrenzt und stehen auch nicht sofort zur Verfügung. Antidepressiva sind gut wirksam. Ein Sucht oder Abhängigkeit sind nicht zu erwarten. Die Antidepressiva unterscheiden sich in ihren Wirkungen und Nebenwirkungen. Sie sollten vom Hausarzt, Neurologen oder Psychiater verordnet werden.
Benzodiazepine: Angst kann man sehr wirkungsvoll und schnell mit den Benzodiazepinen beseitigen. Sie machen aber bei längerem Gebrauch abhängig. Eine Behandlung über 2-4 Wochen ist nicht zulässig.
Die Behandlung erfolgt in den einfachen Fällen ambulant. Gelegentlich ist aber ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik oder psychosomatischen Fachklinik sinnvoll.
Die Betroffenen fordern in ihrer Verzweiflung „sie wegzumachen“ oder eine völlige Angstfreiheit. Das ist möglich, aber es ist nicht das Ziel. Das Bestreben ist den Umgang mit ihr zu lernen und sie zu lindern. Der Erfolg der Heilbehandlung hängt im Wesentlichen von der Mitarbeit der Betroffenen ab.
Sie wollen aktiv werden?
Selbsthilfegruppen in OWL finden:
www.selbsthilfe-lippe.de
Entspannungstraining (Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training, Yoga und Meditation
Stress-Management
gesunde Lebensmittel, ausreichend Schlaf, Verzicht auf Drogen und Alkohol
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Angst kein Feind ist, den es gilt zu besiegen oder an die Seite zu schieben. Es geht bei der Therapie um Kontrolle über sich, gewinn der Autonomie und Lebensqualität. Rückfälle sind normal. Eine Therapie bereitet darauf vor.
Bei dem Artikel handelt es sich um eine Information meiner Leser. Das Krankheitsbild Angst ist gut erforscht. Der Artikel ersetzt keine ärztliche Beratung.
Jede Form der Angst ist ein Fall für den Psychotherapeuten oder den Arzt. Sie erfordert eine ärztliche Untersuchung und Behandlung. Der Artikel ersetzt in keinem Fall den Besuch bei einem Arzt. Er darf diese nicht verzögern!
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